«Ketzer, Kometen & 1 Kopf kürzer»

Zürich, 14.01.2019

LIFESTYLE ZU ZWINGLIS ZEITEN

Ab Herbst 2018 traf sich die Klasse 2b des Gymnasiums im Wochenrhythmus mit dem literarischen Verwandlungskünstler Gion Mathias Cavelty (Schreibcoach) und der mit allen reformatorischen Wassern gewaschenen Regula Bochsler (History-Coach) zu konspirativen Schreibtreffen. Thema: «Lifestyle zur Zeit der Reformation». Herausgekommen sind 19 Erzählungen und ein Gedicht, die uns in jene Epoche entführen, als durch Zwinglis revolutionäre Reformation das Leben in dieser Stadt explosiv war und von so manchem Abgrund bedroht.

Heute feiern wir stilgerecht das Endprodukt dieser mehrmonatigen Arbeit: einen schmucken Band namens «Ketzer, Kometen & 1 Kopf kürzer. Life- und Deathstyle zur Zeit von Zürichs Reformation»

Sie, Elisabeth von Maienburg, hatte eigentlich nichts zu tun, weil alles ringsum für sie getan wurde. Die Knechte und Mägde besorgten den Einkauf, putzten und flickten für sie. An eine berufliche Tätigkeit war gar nicht zu denken, denn auch dies war bürgerlichen Frauen verboten.

Dieses Gefühl der Sinnlosigkeit lag wie ein Bleigewicht auf ihr. Sie fragte sich, was sie bloss tun könnte, damit es anders werde. Sie wollte am öffentlichen Leben teilhaben, in der Gesellschaft mitbestimmen können und ihr Leben so leben, dass es für sie einen Sinn ergab.

Plötzlich hatte sie eine Idee.

(Aus: Erkergeschichten)


„Eines Tages werde ich es tun.

Ich werde Menschen den Kopf abschlagen, vor Hunderten von Gaffern, mit dem Schwert meines Vaters.

Mein Vater, der Scharfrichter von Zürich. Jeder kennt ihn, denn er ist der Beste.

Ich: Heinrich, dreizehn Jahre, sein einziger Sohn.

In seine Fussstapfen werde ich treten. So verlangt es die Tradition.

Ich kann es kaum erwarten.“
(Aus: Der Sohn des Scharfrichters)


„Wie stehst du zur Kirche?“, fragte Ott.

„Also“, stotterte ich, „Ich gehe schon in die Kirche, auch zum Beichten…“

„Sag die Wahrheit!“ Ott hatte mich durchschaut.

„Gut, ich bin für die Reformation und hoffe, dass die Reformation in die Schweiz kommt“, gestand ich.

„Ich glaube, dass die Erde um die Sonne kreist und nicht die Sonne um die Erde“, dozierte Ott und zeigte mir einen Plan mit einer Skizze von der Sonne und einer Kugel, die um sie kreiste.

„Die Erde ist rund?“, fragte ich verwirrt.

„Ach Balthasar, dir muss ich noch viel beibringen“, seufzte Ott.

(Aus: Die Sterne bewegen sich)


Eine öffentliche Lesung mit Bücherverkauf findet am 5.2.19 um 18:30 im Theatersaal des Gymnasiums Unterstrass statt. Siehe auch Highlight 18.