Die Ausstellung kann bis zum 15. Mai besichtigt werden.

Im Projekt «Baustelle» erfinden Kinder eigene Spielwelten

Zürich, 08.05.2019

Während eines dreiwöchigen, ganz speziellen Praktikums, realisierten Studierende des Studiengangs Kindergarten + Unterstufe zusammen mit ihren Kindergartenkindern raumgreifende Spielwelten. Das Projekt «Baustelle» wurde im Bildnerischen Gestalten entwickelt und dann gestalterisch und erzählerisch ausgebaut. Die dabei gewonnenen Erkenntnisse und Ergebnisse präsentieren die Studierenden ab sofort in einer interaktiven Ausstellung.

Kinder brauchen Gelegenheiten für raumgreifendes Spielen. Bauen ist Spielen im Raum. Dabei erwerben Kinder durch den selbständigen fantasievollen Umgang mit Materialien Kenntnisse über deren Eigenschaften und finden Antworten auf die Frage nach der Funktion der Dinge. Manchmal werden auch völlig neue Objekte kreiert. Die ungewohnten Materialien zwingen die Kinder, völlig neue Spiele zu entwickeln.

Die Kindergartenkinder sind zuerst verblüfft. Auf einmal sind die Spielsachen aus dem Raum verschwunden, «wo sind die bloss alle hin gekommen?», fragt sich Damijan (6 Jahre). Er merkt aber schnell, dass er nun jede Menge anderer Materialien zur Verfügung hat wie Zeitungen, Kartonschachteln, Klebebänder und andere Dinge aus dem täglichen Gebrauch. Damit lassen sich mit ein wenig Fantasie grossartige Gebilde errichten. So produzieren die kleinen Erfinder Gegenstände, die wohl keinem Erwachsenen einfallen würden: Andersson (6 Jahre) beispielsweise, der ein Haus gebaut hat, konstruiert eine spezielle Klingel: «Das isch e Türglocke für die Lüt, wo usem Hus gönd und Tschüss säged.»

Spielend lernen und lernend spielen

Während der Arbeit auf der «Baustelle» sind die Kinder auch ständig bemüht, miteinander zu kommunizieren. Das gemeinsame Tun schafft Anreize, Schwierigkeiten zusammen zu meistern. So können die Studierenden beobachten, wie Kinder Rollen verteilten, um gemeinsam ein Ziel zu erreichen: Wer ein Haus in die Höhe bauen möchte, braucht Unterstützung. So übernimmt Gadev (6 Jahre) das Kommando und spannt Gefährten für sein Projekt ein: «Ich halte, du klebsch.» Dass das gemeinsame Tun nicht nur die Sozialkompetenz fördert, sondern auch grossen Spass macht, verrät Marie (6 Jahre): «S’Lässigschte isch’s Baue zäme mit Fründe gsi». Genauso dazu gehört auch, dass es Konflikte gibt, durch die ebenfalls viel gelernt werden kann.

Im Bereich der Selbstkompetenz geht es um die Förderung der Kreativität, der Individualität, der Selbständigkeit, der Konzentration, der Ausdauer, der Vorsicht und der Geschicklichkeit. Viele der Kinder sind völlig im Spiel versunken, wie die Bilder der Ausstellung zeigen: So braucht ein Kind, das komplett in gefaltetem Zeitungspapier versinkt, nicht mal eine Pause, wie es verkündet.

Im Bereich der Sachkompetenz sind Denkförderung, der Erwerb physikalischer Grundkenntnisse, Messen und Vergleichen wichtig. Wer nicht lernt, Gewichte einzuschätzen, dessen neues Haus fällt womöglich schon vor dem «Bezug» um.

Ein neues Rollenverständnis ergibt sich

Lehrpersonen können und dürfen diese Form von Projekten nicht von A bis Z durchplanen. Das würde dem Projektgedanken widersprechen und das Spielen der Kinder verhindern. Die Begleitung der Kinder auf ihrem Weg ist daher eine anspruchsvolle Aufgabe. Beobachten, im Hintergrund bleiben und bei Bedarf doch unterstützend eingreifen ist eine Kunst, die gelernt sein will. Denn in einem solchen Setting lernen Kinder und Lehrpersonen voneinander.

Die Ausstellung im Institutsgebäude über die Wege, welche die Kinder gemacht haben, zeigt auch das Staunen und die Überraschung der Studierenden über die Leistungen «ihrer» Kinder: «D Baustell laht ungeahnti Stärke vo de Chind zum Vorschi cho». (Andrea, 23 Jahre)

Die Ausstellung kann bis zum 15.5.2019 von Montag bis Freitag im Institutsgebäude besucht werden.