«Ein guter Stundenplan erhöht die Lebensqualität»

Zürich, 26.11.2019

Im Dezember werden Corinna Bünger und Alexander Gertsch wieder vor dem Bildschirm sitzen und den nächsten Stundenplan für das Frühlingssemester 2020 erstellen. Alexander Gertsch erzählt Sarina Stehlin und Julian Jakob (149a) im Interview, wie man von losen Informationen zu einem vollen Stundenplan kommt.

Herr Gertsch, wie sind Sie eigentlich in die Position des Stundenplanschreibers gekommen?

Alexander Gertsch: Vor zehn Jahren bin ich mangels Alternativen in dieses Amt «reingerutscht», da es damals am Gymnasium nur wenige Lehrer für naturwissenschaftliche Fächer und Mathelehrer gab. Das sind bekanntlich die einzigen, die einen Stundenplan schreiben können, zumindest sagen das viele Lehrpersonen, die Sprachen und andere Fächer unterrichten (lacht). Ich war dumm genug, diese Aufgabe zu übernehmen, denn den Stundenplan kann man eigentlich nur in den Ferien schreiben. Immer die Weihnachts- und Frühlingsferien herzugeben, geht auf Dauer nicht. Deshalb bin ich froh, dass Frau Bünger bei mir quasi «in der Lehre» ist, mittlerweile machen wir die Stundenpläne gemeinsam.

Welche Techniken beim Planen haben sich über die Jahre bewährt?

Die Technik ist etwas, was ich grösstenteils selbst herausfinden musste. Mein Vorgänger in der Stundenplanung hat kurz erklärt, was am besten zuerst eingeteilt werden sollte. Man muss aber selbst mal vor dem leeren Stundenplan sitzen. Das war früher ausschliesslich ein grosser Papierzettel-Kasten. Was mir mittlerweile die Arbeit wesentlich vereinfacht, ist ein von mir geschriebenes Stundenplanprogramm. Vom Prinzip her werden die Lektionen jedoch immer noch von Hand eingefügt. Es ist also nicht ein Programm, das herausfindet, wann die Stunden eingeplant werden können. Es ist eine gute Kombination zwischen Mensch und Maschine.

Was sind Ihre Prioritäten bei der Stundenplansetzung?

Bei uns ist die Turnhalle ein absolutes Nadelöhr, den Sportunterricht muss man am Anfang setzen, denn dort kann man nicht so leicht eine Stunde verschieben. Auch die Anforderung, dass Gymnastik und Sport nicht am selben Tag stattfinden dürfen, zieht viele Konsequenzen nach sich. Relativ früh festgesetzt werden müssen auch die Schwerpunktfächer Musik, BG und PPP, die nebeneinander stattfinden sollten. Schwierig ist auch, für Instrumentallehrpersonen einen roten Faden durch den Tag zu finden. Aufgrund einzelner Lehrpersonen entstehen bei manchen Klassen Lücken oder es findet allenfalls eine Lektion Halbklassenunterricht statt, weil sonst einzelne Instrumentallektionen nicht in einem Tag unterzubringen sind.

Könnten Sie, anstatt einem komplett neuen Stundenplan zu machen, nicht einfach einen alten leicht abändern?

Das ist ein hoffnungsloses Unterfangen, ich muss jeden Stundenplan von Grund auf neu schreiben. Die Voraussetzungen sind, welche Lehrpersonen welche Klassen unterrichten. Was aber gleich bleibt, ist die Art, wie der Stundenplan entsteht. Aufgrund meiner Erfahrung dauert die erste Setzung aller Lektionen ungefähr von 16 bis 24 Stunden. Danach kommt sicher mindestens nochmals ein ganzer bis zwei ganze Tage zur Überprüfung dazu.

Haben Sie auch Reklamationen oder negatives Feedback wegen den Stundenplänen erhalten?

Wegen der rigorosen Kontrollarbeit gibt es das fast nicht. Das liegt aber auch daran, dass die Kolleg/-innen alle wissen, dass ich wirklich akribisch daran arbeite. Im Gegenteil, ich bekomme eigentlich sehr viele positive Rückmeldungen.

Mussten Sie dennoch einen Stundenplan komplett neu schreiben?

Ja, zweimal. Weil eine Lehrperson kurzfristig gekündigt hat und man Ersatz für ihre Lektionen finden musste. Das andere Mal war bei meinem allerersten Stundenplan, weil sich nach dem Planen herausgestellt hat, dass eine Lehrperson falsche Angaben zu den Zeitpunkten, zu denen sie unterrichten kann, gemacht hat. Das waren die einzigen beiden Fälle, in denen ich den Stundenplan nochmals komplett überarbeiten musste.

Wie zufrieden sind Sie selbst mit den Stundenplänen, die Sie schreiben?

Das ist sehr unterschiedlich. Man macht ja hier etwas, womit man das Leben anderer zu einem gewissen Teil mitbestimmt, daher will man es gut machen. Aber es ist unvermeidbar, dass gewisse Leute für ein halbes Jahr einen nicht so optimalen Stundenplan haben. Ich schaue immer, dass diese Personen mit einem weniger optimalen Plan das nächste Mal einen besseren haben. Als Stundenplaner muss man sich aber bewusst sein, dass man es nie allen recht machen kann.

Was finden Sie persönlich interessant an dieser Arbeit?

Das Interessante beim Stundenplanschreiben ist, dass man Einblick in vieles, so auch Persönliches von Lehrpersonen hat und deren Vorlieben kennt. Man muss sich auch der Verantwortung als Stundenplaner bewusst sein, denn das Personal hier am Gymnasium arbeitet für weniger Lohn als an Kantonsschulen, die Arbeit ist also mit einer gewissen Ideologie verbunden. Deshalb sollen Lehrpersonen zur Kompensation Freiräume haben. Dazu trägt ein guter Stundenplan bei, der zum Leben dieser Lehrpersonen passt und die Lebensqualität erhöht. Dies ist auch der Grund, weshalb die Stundenpläne der Lehrpersonen unsere erste Priorität sind.

Herr Gertsch, vielen Dank für das interessante Gespräch!