Lehrer:innen-Bildung

P7-Projekte: Diversität, Inklusion und Chancengerechtigkeit in der Schweizer Hochschulentwicklung

16. Januar 2025

Seit 2021 unterstützt Swissuniversities im Rahmen des Programms P7 verschiedene Projekte, die sich mit den Themen Diversität, Inklusion und Chancengerechtigkeit in der Hochschulentwicklung beschäftigen. Diese Projekte zielen darauf ab, strukturelle und inhaltliche Hürden abzubauen und die Hochschulen so zu entwickeln, dass Herkunft oder Behinderung keine Barrieren mehr sind.

Ein besonders wichtiges Projekt konzentriert sich auf die Barriere «Migration» und widmet sich den von der AG Bildung und Migration erarbeiteten «Empfehlungen zu Bildung und Migration» (Swissuniversities 2021) so, dass mit konkret formulierten Kompetenzen der Grad der Umsetzung in Zukunft gemessen werden kann.

Ende 2024 fand die Abschlusstagung des Programms statt, auf der erste Erkenntnisse und konkrete Handlungsempfehlungen vorgestellt wurden.

Warum Bildung und Migration im Fokus stehen

Migration ist seit den 1970er-Jahren als Dimension von Diversität in der Bildung bekannt. Doch obwohl viele Studien die Zusammenhänge zwischen Bildungserfolg und Migrationshintergrund aufzeigen, sind diese Themen bislang nur wenig systematisch in der Ausbildung von Lehrpersonen und Hochschuldozierenden verankert.

Die Antidiskriminierungsarbeit in der Lehre und der Aufbau von Kompetenzen im Umgang mit migrationsbedingter Vielfalt werden bisher oft als Randthemen behandelt. Das aktuelle P7-Projekt setzt hier an: Ziel ist es, für die sechs Empfehlungen Kompetenzen zu formulieren, die für die Umsetzung helfen und die überprüft werden können. Das heisst, es wird eine Vorlage für ein Monitoring erarbeitet, um die Umsetzung der Empfehlungen messen zu können. Gleichzeitig wird ein Modellcurriculum für Hochschulen entwickelt, das Migration und Bildung als festen Bestandteil in den Lehrplänen verankert und inhaltliche und strukturelle Rahmenbedingungen schafft, um Chancengerechtigkeit zu fördern.

Die sechs Empfehlungen zu Bildung und Migration

Die Empfehlungen zu Bildung und Migration von Swissuniversities bilden die Grundlage des Projekts. Sie adressieren Hochschulen auf mehreren Ebenen:

  1. Berücksichtigung von Migration und Chancengerechtigkeit im Leistungsauftrag und in der Hochschulorganisation
  2. Sicherstellung der Koordination und Evaluation von Zielen und Massnahmen
  3. Zusammenarbeit mit externen Partnern wie Schulen, Behörden und NGOs
  4. Förderung der Kompetenzen des Personals im Bereich Bildung und Migration
  5. Festlegung von Kompetenz- und Lernbereichen für das Themenfeld Bildung und Migration
  6. Mitgestaltung des Diskurses zum Thema Bildung und Migration in der wissenschaftlichen und öffentlichen Debatte

Diese Empfehlungen sind eine Einladung an die Hochschulen, Migration nicht als Problem, sondern als Ressource und Chance zu betrachten.

Das Projekt «Bildung und Migration» – Ein Weg zu mehr Chancengerechtigkeit

Das Projekt wird von Prof. Dr. Moira Lanfranchini von der HEP-Lausanne geleitet und zielt auch darauf ab, ein Netzwerk von Hochschulen, Fachpersonen und Praxispartnern aufzubauen, um die Diversitätskompetenzen an Schweizer Hochschulen zu stärken. Es läuft in drei Phasen:

  1. Entwicklung eines Kompetenzprofils auf Basis der Empfehlungen – als Vorlage für das Monitoring
  2. Identifizierung guter Praxisbeispiele an Schweizer Hochschulen
  3. Aufbau eines Kompetenznetzwerks, das den Austausch zwischen Hochschulen, Disziplinen und Sprachregionen fördert

Dabei ist es entscheidend, die unterschiedlichen Diskurse in den Sprachregionen der Schweiz zu berücksichtigen. Die Themen Migration und Bildung werden in der Westschweiz, der Deutschschweiz und im Tessin oft unterschiedlich behandelt, was den Bedarf nach einem gemeinsamen wissenschaftlichen Diskurs verstärkt.

Beispiel: Umsetzung der Empfehlung 4
Eva Hug vom Institut Unterstrass in Zürich ist Co-Leiterin des Projekts und erläutert an der Netzwerktagung als Beispiel die vierte Empfehlung:

«Pädagogische Hochschulen können nur dann kompetent, effizient und effektiv auf die berufsfeldspezifischen und gesellschaftlichen Herausforderungen im Bereich Bildung und Migration reagieren, wenn es ausreichend differenzsensibel ausgebildetes Personal gibt.»

Diese Aussage verdeutlicht, dass Hochschulen ihre Rolle als Akteurinnen des gesellschaftlichen Wandels ernst nehmen müssen. Es braucht Lehrpersonen, die in der Lage sind, die diversen Ressourcen in den Klassen zu erkennen und zu nutzen und inklusive Lernumgebungen zu schaffen.

Dazu gehört auch, dass Hochschulen selbst zu Orten werden, an denen Diversität nicht nur gelebt, sondern auch aktiv gefördert wird.

Von der Theorie zur Praxis – Konkrete Massnahmen für Hochschulen

Damit die Empfehlungen von Swissuniversities umgesetzt werden können, müssen Hochschulen konkrete Schritte einleiten:

  • Entwicklung von Lehrplänen, die im Hinblick auf Diversität und Migration aktualisiert werden.
  • Sensibilisierung des Lehrpersonals durch Weiterbildungen im Bereich Antidiskriminierung
  • Vernetzung mit externen Partnern wie NGOs, Bildungseinrichtungen, Fachpersonen für Migration und globalpolitische Entwicklungen
  • Förderung von Forschung im Bereich Bildung und Migration

Das Projekt «Bildung und Migration» hat bereits erste Praktiken und Massnahmen identifiziert, die als Beispiele dienen können. Dazu gehören unter anderem Workshops zur Antidiskriminierung, Mentoring-Programme für Studierende mit Migrationshintergrund und der Aufbau von Netzwerken zur Förderung des Austauschs zwischen verschiedenen Hochschulen und Fachleuten.

Ein Blick in die Zukunft

Das Projekt läuft bis April 2025. Die Kompetenzprofile und die Vorlage für das Monitoring wird den Hochschulen helfen in den kommenden Jahren Diversität, Inklusion und Chancengerechtigkeit in Bezug auf Migration konkret in ihrer Entwicklung zu verankern.

Mit den P7-Projekten hat Swissuniversities einen wichtigen Impuls gesetzt, der die Schweizer Hochschullandschaft nachhaltig verändern könnte. Migration und Bildung müssen stärker als bislang in den Fokus rücken – sowohl in der Praxis als auch in der Forschung. Denn nur so kann echte Chancengerechtigkeit erreicht werden.

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