Organisation der Schneesportlager
«Ich finde die Lager eine sehr mutige Geschichte»
Wie fühlst du dich Matthias, nachdem du als Sportlehrer die Verantwortung für fünf Schneesportlager des Gymnasiums hattest, an denen du nicht dabei warst, was den Nervenkitzel wohl noch vergrössert...
Matthias Galley: (lacht) ... Ich bin stolz auf die Leiterteams. Sie haben es total gut gemacht. Ich bin wie immer auch erleichtert, dass nur wenige Unfälle passiert sind und es keine grösseren Krankheitsepidemien gab.
Wie sieht deine Lagerwoche aus? Bist du eine Art Notfallzentrale?
Einerseits bin ich im Backoffice: Alle Abmeldungen, Heimreisen, oder Meldungen, wenn Unfälle passieren, laufen über mich. Andererseits bin ich Coach, wenn die Lagerleiterinnen und Lagerleiter Tipps brauchen. Sie können mich jederzeit anrufen. Ich bin 24 Stunden erreichbar. Ich bin auch immer mit meiner Familie im «Qualilager» in einer Wohnung im Skigebiet dabei, wo der Leiternachwuchs ausgebildet wird. Ich zeige dort Präsenz, weil es mir ein Anliegen ist und ich sicherstellen muss, dass eine gute neue Leitergeneration heranwächst. Ich fahre auch mit den angehenden Leiterinnen und Leitern einen halben Tag Ski und Snowboard, um die Eignungsabklärung der Jugend+Sport-Ausbildung zu simulieren. Sie bekommen von mir und den Leiterinnen und Leitern, die mit ihnen die Woche durch unterwegs waren, ein Feedback, ob sie wohl die Qualifikation schaffen. Ich spreche mit ihnen über die Anforderungen der Leitertätigkeit und bespreche, ob sie dem Rollenwechsel vom Schülerdasein zum Leiterteam gewachsen sind.
Du bist auch für Sanktionen zuständig: Musstest du dieses Jahr einschreiten?
Ich habe von keinem Leiterteam von Vorfällen gehört. Seitdem ich die Verantwortung für diese Lager habe, seit fünf Jahren also, gab es erst einmal einen Vorfall, den ich sanktionieren musste. Viele glauben nicht so recht, dass sich die Schülerinnen und Schüler wirklich an Regeln wie das Alkoholverbot halten. Ich höre aber immer in informellen Gesprächen, dass es tatsächlich so ist. Grossmehrheitlich halten sich die Leute daran, weil sie die Leiterteams nicht in schwierige Situationen bringen wollen.
Hast du von der Stimmung bei dem grossartigen Schneewetter etwas mitgekriegt – und von den Abenden in den Lagerhäusern?
Ich investiere viel Zeit in die Schneesportlager, aber mein Dilemma ist, dass ich wenig von den Lagern selbst mitkriege. Die Schülerinnen und Schüler wollen wirklich für sich sein. Ich habe von Saanenmöser und Engelberg aber nur Positives gehört. Für die Abende verlange ich ein kleines Aktivitätenprogramm. Ich möchte einfach wissen, was läuft und frage nach. Von vielen Schülerinnen und Schülern habe ich aber auch dieses Jahr wieder gehört, dass das Abendprogramm, in welches die Innenleiterinnen und -leiter viel Zeit investieren, gut angekommen ist und Spass gemacht hat
Was bedeutet es für die Schülerinnen und Schüler, ein solches Lager zu organisieren und zu leiten?
Die Vorbereitung ist ein Prozess, der über ein Jahr läuft. Die Organisatorinnen und Organisatoren haben von mir Unterstützung: Ich reserviere die Lagerhäuser und mache Verträge. Ich frage vor den Sommerferien die Hauptleiterinnen und -leiter an. Im August gibt es eine Kick-off Sitzung, in der die Hauptleiterinnen und Leiter nach Lagern aufgeteilt werden und in das «Projekt Schneesportlager» eingeführt werden. Dann müssen die Teams Elternbriefe schreiben, das Budget erstellen und erste Offerten einholen. Sie müssen ausserdem mit dem Lagerhaus Kontakt aufnehmen. Der grösste Brocken fällt im Dezember an – und in der Lagerwoche selber. Dazu gehört auch die genannte Ausbildung als Jugend+Sport-Leiter/-in, die sehr intensiv ist.
Du wirkst fasziniert von diesen verantwortungsvollen Schneesportlagern...
... für mich ist es spannend zu sehen, wie sich die Lager entwickeln. Ich war selbst vor 22 Jahren als Schüler am Gymnasium Unterstrass Hauptleiter. Die Perspektive hat sich für mich komplett umgekehrt. Ich finde die Lager eine geniale Sache. Sie werden meines Wissens nirgends so durchgeführt. Nirgends wird den Schülerinnen und Schülern so viel Verantwortung übertragen. Die Praxis zeigt, dass sie extrem gut damit umgehen. In der heutigen Zeit, in der viele sofort mit dem Anwalt dastehen, ist das eine sehr mutige Geschichte. Der Benefit ist enorm gross und rechtfertigt den grossen Aufwand.