Innovativ, überschaubar und sehr erfolgreich
Am zweiten Jubiläumsfest beleuchteten verschiedene geladene Gäste aus Politik, Kirche und Bildung die Institution unterstrass.edu und zeigten mit ihrem Aussenblick auf, was sie seit 150 Jahren wertorientiert und erfolgreich macht.
Am gestrigen Donnerstag-Abend hat unterstrass.edu bereits zum zweiten Mal sein grosses Jubiläumsfest zum 150-jährigen Bestehen gefeiert: Direktor Jürg Schoch begrüsste die Gäste, darunter Vertreter/-innen aus der Politik und Bildungslandschaft sowie die Angestellten von unterstrass.edu, mit den Worten «wir wollen Feuer entfachen, statt Fässer füllen». Nach dem Apéro und einem Konzert des «Svovse-Irniger Quartett» mit zwei ehemaligen Unterstrass-Absolventen und Grössen im Jazz wurde ganz wörtlich Feuer entfacht. Die Gäste grillten sich an ihren Feuerherden selbst ihr Abendessen und der ganze Campus wurde in ein oranges Licht getaucht. Was das Feuer, das seit 150 Jahren in dieser Institution brennt, im Aussenblick ausmacht, legte Prof. Dr. Heinz Rhyn, Rektor der Pädagogischen Hochschule Zürich, dar. Der historische Bildungsforscher «ausser Dienst» gratulierte unterstrass.edu zum Jubiläum mit einem bekannten Zitat: «Wo ein guter Lehrer am Werk ist, wird die Welt ein bisschen besser.» Er betonte, dass das Institut Unterstrass für die Pädagogische Hochschule Zürich (PHZH) durch den Anschluss im Jahr 2002 ein Gewinn geworden sei. Er fragte sich, was denn diese Institution mit dem orangen Sünneli und dem Leitsatz «wo Werte Schule machen» anders macht. Dass hier Werte gelebt und gepflegt würden, sei ganz offensichtlich. Er verglich die PHZH mit unterstrass.edu, die zwar verbunden seien, aber sich dennoch auch wohlwollend aneinander messen würden.
Ein gegenseitiges Anstacheln
«Das Evangelische überlassen wir Ihnen», erklärte Rhyn. «In der Überschaubarkeit können wir auch nicht ganz konkurrenzieren», aber in weiteren Eckwerten des unterstrass.edu Leitbilds wie Praxisnähe und Innovationskraft stünden die beiden Bildungsstätten in einem Wettbewerb: «Wir stacheln uns gegenseitig an, sind aber durchaus partnerschaftlich unterwegs.» Rhyn zeigte fruchtbare Kooperationen auf, die beispielsweise in die Entwicklung des neuen Lehrmittels für Ethik eingegangen wurden. Er zeigte sich augenzwinkernd überzeugt, dass die beiden Institutionen auch in den nächsten 150 Jahren gut zusammenarbeiten werden.
Michel Müller, Kirchenratspräsident der evangelisch-reformierten Landeskirche des Kantons Zürich, hakte dort ein, wo sein Vorredner eine Lücke gelassen hatte und fragte, was denn «evangelisch» heute bedeute. Er bedauerte, dass dies fälschlich als konfessioneller Kampfbegriff verstanden werde. Somit stehe häufig der Vorwurf im Raum, «evangelisch» sei etwas, was Menschen verhindere und verurteile. Wenn man in der Geschichte grabe, wie das auch aufgrund des grossen Zwingli-Jubiläums gemacht worden sei, finde man durchaus Dinge, die einem überhaupt nicht behagen. Dazu gehöre Verfolgung und Intoleranz gegenüber Menschen mit einer anderen Konfession. Das sei aber Geschichte, evangelisch sei heute gleichbedeutend mit solidarisch und somit mache das Evangelium frei.
Die Regierungsrätin und Vorsteherin der Bildungsdirektion des Kantons Zürich, Dr. Silvia Steiner, gratulierte mit dem Worten, dass es bei einer so bewegten 150-jährigen Geschichte keine Selbstverständlichkeit sei, dass es diese Institution noch gebe.
Gelebte Solidarität in der Bildung
unterstrass.edu setze sich für Menschen ein, die nicht im Zentrum der Gesellschaft stünden. Projekte wie «ChagALL» und «écolsiv» eröffneten Jugendlichen mit Migrationshintergrund und kognitiv Beeinträchtigten gute Bildungschancen. «Werte sind hier nicht einfach Lippenbekenntnisse», stellte Silvia Steiner fest.
Sie zitierte den ehemaligen Direktor des Seminars Unterstrass, der 1944 schrieb: «Ein evangelisches Seminar ist keine Privatschule, sondern eine Bekenntnisschule.» Privatschulen gehe es oft ums Geschäft, Bekenntnisschulen seien fast immer ein Verslustgeschäft – sie bestünden aber trotzdem weiter. Die Bildungsdirektorin knüpfte hier an und erklärte, dass diese Bildungsinstitution wohl gerade wegen der hohen Innovationskraft aufgrund des Bekenntnisses so erfolgreich sei. «unterstrass.edu hat vieles ausprobiert, was wir später in den Primarschulen aufgenommen haben.» Sie machte aber auch darauf aufmerksam, dass es herausfordernd sei, die Zukunft der Schule zu planen: «Im Jahr 2030 wird es Berufe geben, die wir heute noch nicht einmal kennen», das Wissen darum verändere die Inhalte und Lernziele an Schulen fundamental.
Mit den Worten «es freut mich, Sie in Zürich zu haben», schloss Silvia Steiner ihre Grussworte ab.
Wie unterstrass.edu sich die Schule der Zukunft vorstellt und wie die viel zitierten Werte gelebt und Feuer entfacht wird, kann noch an zwei weiteren Jubiläumsanlässen erlebt werden. Der Campus ist am Freitagabend, 6.9. ab 18 Uhr für die Öffentlichkeit zugänglich und am Samstag, 7.9. sind alle Alumni und Alumnae eingeladen.