Die Morgenstimmung am See wirkt beruhigend.

«Ich gebe gerne etwas zurück»

Zürich, 29.06.2019

Am Samstag fand die Unterstrass-Seeüberquerung statt, die vom ehemaligen Gymnasiasten Noah Zbinden aus Eigeninitiative schon in seiner Schulzeit organisiert worden ist. Noah ist Jusstudent und im Nebenjob Seeretter, für ihn ist die Begleitung dieses Events jedes Jahr ein Highlight.

Noah, du bist «Mister Seeüberquerung»: Ohne dich läuft nichts. Es braucht dich, um diesen freiwilligen Schulevent über die Bühne zu bringen, obwohl du schon vor zwei Jahren maturiert hast: Wie das?

Noah Zbinden: Ich habe damit angefangen, als ich noch am Gymnasium Unterstrass war. Ich habe in der dritten Klasse unserem Sportlehrer Matthias Galley vorgeschlagen, dass wir eine Seeüberquerung machen. Nach meinem 18. Geburtstag habe ich eine Stelle im Seerettungsdienst übernommen. Das war ein Pilotversuch. Normalerweise werden nur Leute aufgenommen, die sich vom Beruf her eignen. Wegen Nachwuchsproblemen hat sich die Seerettung entschlossen, auch Junge auszubilden. Wir begleiten häufig Seeüberquerungen, so auch die offizielle Überquerung der Stadt Zürich, an der 7000 Leute mitschwimmen. Ich habe in meiner Sekundarschulzeit zum ersten Mal eine Seeüberquerung geschwommen. In meiner Schule in Rüschlikon war das obligatorisch. Man schwimmt dort einmal in den drei Jahren über den See. Mir hat das damals etwas Angst gemacht, ich habe es mir nicht zugetraut. Ich wurde aber dazu verpflichtet, dadurch habe ich gemerkt, dass es etwas Tolles ist.

Was macht den besonderen Reiz aus?

Es ist ein unvergessliches Erlebnis – eine Mischung aus Bewegung, Ruhe und Herausforderung als Gruppe. Ich finde es faszinierend. Wir schwimmen immer in den frühen Morgenstunden, dann ist es ruhig und gemütlich auf dem See. Mir hat das immer gut getan. Heute schwimme ich nicht mehr selbst an der Unterstrass-Seeüberquerung.

Was genau ist dein Job? Begleitest du Schwimmerinnen und Schwimmer, die an ihre Grenzen kommen?

Früher habe ich aufs Unterstrass bezogen alles gemacht, auch die ganze Organisation. Ich habe also die Bewilligungen bei der Kantonspolizei eingeholt. Man hat viele Sicherheitsauflagen und muss sich mit Versicherungsfragen auseinandersetzen. Es braucht Begleitschiffe: Man müsste in der Lage sein, alle Schwimmerinnen und Schwimmer darauf aufzunehmen. Wir bilden eine Art Sanitätsposten, der den Event begleitet: Wir machen anders als an anderen Anlässen auf Booten anstatt mit Autos

Du machst das also mit einem ganzen Team. Mit den Kolleginnen und Kollegen von der Seerettung?

Ja genau, die sind auch dabei und machen das sehr gerne. Wir schauen, dass es allen gut geht und wir sofort zur Stelle sind, wenn Einzelne nicht mehr können. Es kommt vor, dass jemand einen Krampf am Fuss hat, in dem Fall kommt er besser aus dem Wasser raus. Es ist ja kein Wettkampf, man soll Freude am Schwimmen haben.

Schaffen es die meisten über den See?

Ja, 99 Prozent. Ich selbst bin in der 1. Sekundarklasse auch über den See geschwommen, auch wenn ich zuvor noch nie so lange geschwommen bin. Ich traue das allen zu, die schwimmen können.

Am Gymnasium Unterstrass hat die Seeüberquerung eine über 25-jährige Tradition, der ehemalige Turnlehrer Kurt Näf hat sie eingeführt. Bei seiner Pensionierung gab es eine Pause, bis du die Überquerung wiederbelebt hast. Wusstest du davon?

Ich wusste nichts von der Tradition, ich habe die Seeüberquerung aus eigener Initiative angeregt. Ich setze mich gerne fürs Unterstrass ein. Ich engagiere mich weiterhin gerne, weil ich mich immer noch sehr mit der Schule verbunden fühle, auch wenn ich nun Jus studiere. Ich gebe gerne etwas zurück. Ich habe viel von der Schule mitgenommen – sie prägt mich für das ganze Leben.

Herzlichen Dank, Noah, für das spannende Gespräch.