Eröffnungsgottesdienst vom 3. Februar, Grossmünster
Mache dich auf und werde Licht
«Mache dich auf, werde Licht, denn dein Licht kommt und die Herrlichkeit des Herrn geht auf über dir.» Christoph Sigrist, der Pfarrer des Grossmünsters, eröffnete den Gottesdienst zum 150-Jahr-Jubiläum mit diesem Bibelvers von Jesaia und stellte die rhetorische Frage, was das Jubilieren soll: «Menschen sind auf der Flucht, erfrieren und leben im Elend. Es herrscht Angst vor einem weiteren kalten Krieg.»
Er liess diese Frage vorerst im Raum stehen und überliess es dem Chor des Gymnasiums, ein Lied aus dem Oratorium Paulus von Felix Mendelssohn zum Klingen zu bringen.
Das Vorbereitungsteam von unterstrass.edu erklärte im Anschluss, warum das Jubiläumsjahr genau an dem Ort eröffnet werden soll, an dem auch die Zürcher Reformation ihren Anfang nahm: Die Reformation sei eine Bildungsbewegung. Eine evangelische Schule zu sein bedeute, dass Menschen aller Religionen gemeinsam etwas über Religionen lernen. Als Zeichen dieser Gemeinsamkeiten deuteten zwei ehemalige Untersträssler/-innen und eine derzeitige Studentin als Vertreter/-innen der drei abrahamitischen Religionen Verse aus ihren jeweiligen Heiligen Schriften zum Thema Licht. «Ihr seid das Licht der Welt, man stellt die Leuchte auf den Lampenständer, damit sie allen im Haus Licht gibt.» An unterstrass.edu werde beispielsweise gelehrt, das Gute in allen Schülerinnen und Schülern zu sehen. Zuerst sei es eine kleine Flamme, die immer intensiver werde. Dann werde das Licht auf eine Lampe gestellt und somit vermehrt, betonte beispielsweise die christliche Studentin. Hier hakte Sigrist wieder ein und stellte die Frage, woran sich die Gottesdienstbesucher/-innen im unterstrass.edu- und Zwingli-Jubiläum erinnern wollten. Wolle man gar zurück in eine Zeit, wie sie Zwingli oder die Gründer von unterstrass.edu erlebten?
Zwingli habe zugelassen, dass Täufer in der Limmat ersäuft worden seien, womit auch das Licht in die Limmat geworfen worden sei. Das Seminar sei zur Gründerzeit nur jungen christlichen Männern offengestanden.
«Zwingli leben» heute bedeute, auf der Strasse und überall das Licht der Welt zu entfachen und für seine Werte einzustehen. Heute sei demonstrieren gleichbedeutend mit Predigen, so wie das junge Leute derzeit in Zürich für das Klima tun. Das Licht der Welt bedeute, für Menschen auf der Flucht da zu sein und Menschen in der Not zu unterstützen. «Es geht darum, von der Kanzel zu steigen, und dahin zu gehen, wo Menschen hungern und wo die Luft vergiftet wird.» So forderte Sigrist auch die Abgänger/-innen von unterstrass.edu auf, sich mit der Welt auseinanderzusetzen – von glühendem Feuer getrieben. «Nicht Papier, sondern Menschen und ihre Werte verändern die Welt.» Er interpretierte die evangelische Tradition von Zwingli so, dass alle «vom hohen Ross» heruntersteigen sollten und spielte auf die Bergpredigt an: Mit CO2-Vorschriften werde das Leben gewürzt, das Salz der Erde seien die Menschen, die vom Berg herunterstiegen.
Dass in unterstrass.edu dieses Feuer flackert, sah Sigrist auch im Signal, dass die freie Kollekte nicht an die eigenen Schulen, sondern an eine Partnerschule in Guatemala gehe.
Jürg Schoch, der Direktor von unterstrass.edu, sah wiederum drei Berührungspunkte mit der Tradition Zwinglis: Das Einstehen für Bildung und kritisches Denken, der Einsatz für Gerechtigkeit und für Menschen auf der Schattenseite, wie dies am Gymnasium und am Institut mit Inklusion und Chagall gelebt werde. Ausserdem müsse sich die Kirche genauso wie eine Schule immer wieder neu erfinden, um sich optimal zu entwickeln – dies mit Respekt vor der Tradition.
Der Pfarrer des Grossmünsters bedankte sich gegen Ende des Gottesdienstes für das Tun von unterstrass.edu und übergab Jürg Schoch das Friedenslicht. Mit Fürbitten und stimmungsvollem Einsatz des Chores klang der Gottesdienst aus.