Der Adventskranz der Schwesterorganisation Stiftung Bühl
Im Jubiläumsjahr wurden einige Beziehungen mit Schwesterschulen wie der evangelischen Mittelschule Schiers ans Licht gebracht. Eine verwandte Institution, die im wahrsten Sinne des Wortes Licht ins Gymnasium Unterstrass bringt, ist die «Stiftung Bühl» für Jugendliche mit kognitiver Beeinträchtigung oder Lernbehinderung. Es hat sich zu einer eigenen kleinen Tradition entwickelt, dass Stifte der hauseigenen Gärtnerei jeweils einen von ihnen gemachten Adventskranz ins Gymnasium Unterstrass bringen und ihr Werk am Tagesanfang vorstellen.
Die Stiftung Bühl wurde von den gleichen Gründervätern wie das Seminar Unterstrass aufgebaut. Sie feiert im nächsten Jahr ihr 150-Jahr-Jubiläum. Die Geschichte der Bühl-Gründung zeigt, wie diese Idealisten schon beinahe abenteuerlich schnell und mit viel Reformwillen wirkten. Die Gründerväter wollten einerseits die religiöse Bildung verbessern, engagierten sich aber auch sozial.
Eine zentrale Figur war Julius Hauser, ein begeisterter Sonntagsschullehrer, der dem Seminar Unterstrass während Jahrzehnten «seine Liebe und Fürsorge zugewendet hat», wie es in seiner Biographie heisst. Den Grundstein zur Stiftung Bühl legte Hauser sehr spontan: Er wollte einem älteren Mann, dessen Haus zwangsversteigert wurde und dessen Vormund er war, einen fairen Kaufpreis ermöglichen.
Heimgründung in zwei Wochen
Auf diese Weise kam er zu einem Haus, das er eigentlich gar nicht brauchte. Am Sonntag nach dem Hauskauf entwickelte sich gemäss dem Biografen von Julius Hauser in der Versammlung des christlichen Vereins ein Gespräch zwischen Hauser und einem Herrn namens Zeller (der nicht mit dem späteren Seminardirektor identisch ist):
«Du, ich habe da eigentlich wider Willen einen Bauernhof ergantet. Wenn du ihn brauchen kannst, schenke ich ihn dir. Du könntest eine Anstalt für schwachsinnige oder kränkliche Kinder einrichten.» Zeller zuckte die Achseln und überlegte. Schliesslich erklärte er: «Wir wollen es so machen. Wenn mir der Herr innert vierzehn Tagen ein solches Kind zuführt, wollen wir es wagen.» Nach einer Woche brachte ihm Hauser das erste Kind, und die Anstalt wurde eröffnet. Sie nahm im Verlauf des ersten Jahres 20 kränkliche Kinder auf, sogenannte «Spezialschüler/-innen», die bettlägrig oder geistig beeinträchtigt waren. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts entstand daraus eine heilpädagogische Schule, was zu dieser Zeit sehr fortschrittlich war. Langjähriger Leiter der Institution wurde ein enger Kollege von Zeller, Karl Melchert.
Julius Hauser selbst gründete im Jahre 1874 in Verbindung mit Unterstrass-Seminardirektor Heinrich Bachofner und anderen Gesinnungsgenossen und dank den ersten Unterstrass-Absolventen unbürokratisch auch die Freie Schule Wädenswil.
Später wandten sich die Unterstrass-Gründerväter der Gesundheit zu. So entstand auf ihr Wirken hin 1886 die sogenannte «Epileptische», die erste Klinik für Epilepsiekranke in Zürich (heute ist das die Schweizerische Epilepsie-Stiftung mit ihren vielfältigen Kliniken und Schulen in Zürich).